Operation Stinkstiefel

Es war vielleicht so etwas wie eine Verzweiflungstat. Zu verlieren hatte ich nicht mehr viel.

Allerdings, hätte es geklappt, die Geschichte hätte wohl neu geschrieben werden müssen. Vielleicht nicht gerade die Geschichte der Menschheit, doch zumindest die der Fussgänger. Oder die einiger Fussgänger.

Das Experiment lief unter dem Decknamen “Stinkstiefel”.
Ihr erinnert euch doch noch an diese Geschichte hier, oder?

Klammheimlich verpackte ich das ausgelatschte Corpus Delicti in einen Plastiksack und steckte es in den Tiefkühler. Wie lange müsste ich warten auf ein aussagekräftiges Ergebnis? Wie lange dauert es überhaupt, bis so ein Birkenbock durchgefroren ist? Werden die Fische im Tiefkühler Mitleid mit ihm haben, wenn er da so hemmungslos vor sich hin schlottert?

Ich gewährte ihm 24 Stunden, dann nahm ich ihn wieder raus, taute ihn mit grösster Sorgfalt auf (er blickte in der Zeit neidvoll auf seinen wohltemperierten Kameraden) und wagte mich dann mit der Nase dran.

Ich schnüffelte. Am linken Schuh. Ich schnüffelte nochmals. Diesmal am rechten Schuh. War da ein Unterschied auszumachen? War es wirklich die bahnbrechende Revolution, um ein paar stinkende Schuhe geruchlich zu neutralisieren? Um ganz sicher zu sein, schnüffelte ich nochmals.

Ich habe eine recht feine Nase. Aber so fein, dass ich da irgend einen Unterschied in der Duftrichtung hätte feststellen können, ist mein Näschen nun doch wieder nicht.

Fazit: 24 Stunden bei minus 20 Grad kitzeln den beissenden Gestank nach Fussschweiss nicht aus den Birkenböcken. Wär ja zu schön gewesen.

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Ausgelatscht

Mittlerweile gelten sie ja als in. Lange Zeit jedoch erntete man ein mitleidiges Lächeln, wenn man mit Birkenstöcken an den Füssen in Erscheinung trag. Sofort war man in der Schublade “handgestrickter Bauerntrampel” versenkt. Mich hat das über all die Jahre nie gestört. Die Gesundheit meiner Füsse und mein persönliches Wohlbefinden ist mir entschieden wichtiger als irgendwelche Modeerscheinungen. In den vergangenen Jahrzehnten habe ich im Schnitt alle 1,5 Jahre ein Paar Birkenstöcke verheizt. Ich trage sie nicht nur als Hausschuhe, sondern im Sommern bei trockenem Wetter beinahe rund um die Uhr. Sie waren auch auf Reisen mein treuster Begleiter. Nebst meinem innig geliebten Mitbewohner selbstverständlich.

So habe ich Sydney in Birkenstöcken besucht, bin in Korsika mit ihnen durch Schluchten geklettert. Manchen Markt mussten sie mit mir besuchen. Von vielen schönen Aussichtspunkten aus ins Lande schauen. Und immer wieder gingen sie mit mir zusammen auf Campingplätzen duschen. Dann nämlich, wenn man vor lauter Staub ihre Farbe nicht mehr erkennen konnte.

Leider gibt es da ein kleines Problem, das sich mit duschen nicht lösen lässt. Seit jeher habe ich relativ starken Fussschweiss. Darunter habe ich als Kind schon gelitten, wenn meine Füsse im Sommer barfuss in Holzzoccoli steckten. Davon sind auch Birkenböcke nicht verschont.

Vor kurzem hat es mir wieder mal den Hut gelupft und ich weichte meine Birkenböcke kurzerhand ein, schrubbte sie mit Bürste und Seife und erhoffte mir Linderung für meine geplagte Nase. Leider scheint sich die Wirkung des Waschgangs ins Negative zu manövrieren. Die im Leder vorhandenen Bakterien wurden offenbar regelrecht aktiviert durch das Procedere.

Als der Mitbewohner von meiner Verzweiflungstat erfuhr, meinte er: „Versuch doch mal, die Schuhe tiefzukühlen. Vielleicht werden dadurch die Bakterien abgetötet.“ Und da guter Rat bekanntlich teuer ist, liess der beste Rat nicht lange auf sich warten. „Aber vielleicht solltest du deine Füsse vorher rausnehmen.“

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