Der schwimmende Truthahn

Da waren wir also. Auf einem Campingplatz im Ocala National Forest in Florida. Umzingelt von ganzen Sippen von Amerikanern. Sie alle hatten das gleiche Ziel: Zusammen mit ihren Familien Thanksgiving zu feiern. Obschon bereits Ende November war das Wetter angenehm warm, die nahe gelegene Quelle lockte sogar zum Bade.

Neben unserem Campingplatz werkelte ein beleibter Mann schon den ganzen Morgen an einem roten Ding herum. Das Ding – es hatte etwa Grösse und Form eines 100-Liter-Boilers – beherbergte den Protagonisten des Tages: den Truthahn. Ohne Truthähne (ob das auch für Truthennen gilt, entzieht sich meiner Kenntnis) geht an diesem Tag, der in Amerika beinahe so wichtig ist wie Weihnacht, gar nichts. Landauf landab kommen sie traditionellerweise am 25. November auf den Tisch. Das rote Ding übrigens nannte unser Campingplatz-Nachbar „Turkey Roaster“. Mein innig geliebter Mitreisender löcherte den armen Mann so lange mit Fragen, bis dessen Frau grosszügig sagte, wir dürften gerne mitessen, es sei „more than plenty of food“ vorhanden.

Nicht, dass wir es darauf abgesehen gehabt hätten, aber wir nahmen die Einladung gerne an. Die Überraschung liess nicht lange auf sich warten. Die Amerikaner, die wir bisher nur als Hamburger-Fresser kennen gelernt hatten, konnten, so sie denn wollten, tatsächlich richtig und richtig gut kochen. Der Truthahn wurde fachgerecht zerlegt, alle Beilagen aufgetischt, ein Tischgebet gesprochen und dann wurde reingefuttert. „En Guete“ wünscht man sich in Amerika nicht. Zeitgleich mit der ersten Gabel voll Truthahn öffnete der Himmel seine Schleusen.

Wir flüchteten uns alle irgendwo hin. In unserem Fall war das relativ einfach, denn wir konnten uns in den Camper verziehen. Die reich gedeckte Tafel wurde notdürftig mit einer Plastik-Plane bedeckt.

Irgendwie war die Stimmung nach dem Wolkenbruch etwas zur Sau. Ob das damit zu tun hat, dass der Truthahn zu Lebzeiten kein Wasservogel war?

2 Gedanken zu “Der schwimmende Truthahn

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